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2009.01.21. 16:28 malenykij polgar

Wie ich meinen ersten Mercedes kaufte (wie man es NICHT tun sollte)

Verfasser: malenykij polgar

Über die leichte Geistesstörung schrieb nicht nur ich, auch die Kollegen leisteten ihre Beiträge. Die konkrete Manifestation kann man beim Kauf erwischen.

Ich bin im Verkauf tätig, aber bei einem fortgeschrittenen Youngtimer-Freak ist diese Tatsache genauso wichtig wie die Adresse seiner Oma. Mein Kollege wollte also seinen 124er Coupé verkaufen. Da ich ihn bereits früher öfter fragte ob er verkaufen möchte, war es für ihn sonnenklar, dass er nicht einmal inserieren muss, denn den perfekten Trottel hat er schon gefunden. Der Perfekte Trottel schaute sich um: im Internet, Zeitschriften, Eurotax, Wahrsager, etc., das sind jedoch nur Alibi-Handlungen, den er ist schon zu 80% verloren. Wenn er könnte, würde er nach oben handeln. Da er noch nicht komplett gestört ist, fährt er mit dem Wagen zum ÖAMTC-Ankaufstest. In 90 Minuten wird einiges entdeckt, ausgedruckt, mann könnte ja mit dem Verkäufer feilschen. In meinem Fall hatte der Wagen keine gröberen Mängel. Auf deutsch gesagt: es war todsicher, dass ich das Auto kaufen würde. Was sprach ja dagegen? 

- Dass es ein 124er ist und kein 126er?

- Dass es Vierzylinder ist? 

- Das manuelle Getriebe?

- Dass das Auto aussen blauschwarz ist, innen eine schwarze Lederausstattung hat aber keine Klimaanlage? 

- Dass der Vorbesizter, mein lieber Kollege in den letzten 5 Jahren nur Ölwechsel, Bremsbelege und einen neuen Stern finanziert hat? 

- Dass das Auto zwar unfallfrei war, aber alle seitlichen Teile lackiert waren weil der Kollege nicht parken kann? 

- Dass man in Österreich ein Depp sein muss, wenn man einen Benziner mit mehr als 2 Liter Hubraum kauft? (Versicherung)

 

Nun die Argumente für den Kauf:

Mein erster Mercedes, noch dazu ein Coupé.

- 130.000 km Laufleistung

- MEIN ERSTER MERCEDES, NOCH DAZU EIN COUPÉ..

- Die mit Rechnungen dokumentierte Vorgeschichte.

- MEIN ERSTER MERCEDES, NOCH DAZU EIN COUPÉ.

- Relativ kleiner Motor, die Versicherung ist daher nur ein mittelgroßer Horror.

- MEIN ERSTER MERCEDES, NOCH DAZU EIN COUPÉ.

- Guter technischer Zustand, überdurchschnittlich gutes Interieur. 

MEIN ERSTER MERCEDES, NOCH DAZU EIN COUPÉ.

 

Selbst ein blinder BMW-Fahrer würde jetzt sehen, dass mehr Argumente für den Kauf sprachen als dagegen. Und die Probefahrten am Wochendende würden meine Frau auch überzeugen, versteht sich. O-Ton: "...der schaut innen Opa-mäßig aus..."

 


Testfrage:

Was kauft man sofort wenn man den ersten Mercedes erworben hat?

a) Öl, Ölfilter

b) Einen fabrikneuen Mercedes Schlüsselanhänger vom Mercedes-Händler


 

Folgende Sätze sind zu üben, wenn man so blöd wie ich, beim Kauf eines gebrauchten Mercedes die Familie und sich selbst beruhigen will: 

1. Ist nur ein Diesel (noch dazu ein 200 D), aber er braucht so gut wie kein Sprit. 

2. Ist zwar verrostet/verunfallt/springt nicht an, aber das ist eine gute Verhandlungsbasis. 

3. Hat zwar Flüssiggas, aber dadurch billig im Unterhalt, und wir bauen ja das Gassystem eh´ aus.  

4. Das Interieur ist verwest und stinkt, ich werde es aber reinigen oder ich organisiere neue Sitze vom Verwerter. (Freilich. Was z.B. cremebeige Velours betrifft, übertrifft das Angebot die Nachfrage so sehr, dass die Verwerter schon beten müssen. ;))

Ich werde meine Kollegen bitten ähnliche Argumente zu bringen, die Zahl derer ist unendlich. Ich werde es nicht verraten wieviel ich gleich nach dem Kauf in Reparatur investiert habe, aber das Auto sieht noch immer nicht so aus, wie ich es gerne hätte. Aber es ist meins, meins, meins. Ich habe im Coupé unseren neugeborenen Sohn nach Hause gebracht und meiner Frau habe ich es so erklärt, dass der Firmenwagen ein Sportfahrwerk hat und unser Coupé viel weicher federt. Freilich, da ist ja ein MB-Sportfahrwerk verbaut.

Den zweiten Mercedes habe ich dann unter richtig haarsträubenden Verhältnissen gekauft, aber überlassen wir diese Geschichte meinem nächsten Beitrag.  

 

 

 

Nachwort:

Wenn ich am Wochenende meine Frau frage welches Auto wir nehmen sollen, lautet die Antwort: Mercedes. Der A6 Firmenwagen könnte von ihr aus am Autoschlachter landen. Sie meldet alle Mercedes Old- und Youngtimer die sie am Arbeitsplatz sieht und würde unsere beiden 124er jederzeit gegen einen W108 eintauschen. Sie hat ihren Frieden gemacht, sie ist infiziert.

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